Warum ich (fast) nicht mehr fliege – radikal, rational oder lebensbejahend?

Das Glück dieser Erde

Die Macht eines PPS.:

Der Artikel „Mit Leichtigkeit glücklicher werden“ hat auch in meinem persönlichen Umfeld Wellen geschlagen. Besonders das PPS. Mama bat mich inständig, mich bitte erst nach ihrem Ableben aufs Rad nach Indien zu schwingen und die Schwester meines Freundes fragte:

„Warum will Nathalie denn gar nicht mehr fliegen? Das ist ja schon ziemlich extrem.“

Und ich begriff: Dieses PPS muss ich nochmal aufgreifen. Also:

Das Glück diese Erde: Warum zur Hölle…?

Vor einiger Zeit habe ich angefangen, mich mehr und mehr zu fragen: Vergrößern oder verringern meine Taten das Glück auf dieser Erde? Und so oft ich kann, entscheide ich mich fürs Glück.

So auch beim Fliegen.

Stelle dir eine Säule aus Gift vor, 10×10 Meter Durchmesser hinauf bis zum Himmel, dort wo das Flugzeug fliegt. So viel CO2 wird pro Passagier während eines Fluges im Durchschnitt ausgestoßen – wobei Kurzstrecken besonders verheerend sind, da Start und Landung den meisten Treibstoff verbrauchen.

CO2 wiederum ist der Klimawandeltreiber, der das bedroht, was dir am Herzen liegt. Seien es Delphine, Schmetterlinge, Löwen, Bäume, Vögel, die Blumen in deinem Vorgarten oder dein Lieblingsbadeort. Diese Erde ist mit unglaublicher Schönheit übersät. Mit tiefgrünen Regenwäldern, magischen Wasserfällen, gigantischen Ozeanen, wunderschönen Frühlingsblüten und Tautropfen auf silbrig schimmernden Blättern.

Ich entscheide mich für diese Erde.

Ist es radikal?

Natürlich ist es radikal. Besonders für mich. Wenn ich an meine große Liebe „Costa Rica“ denke (das Land, nicht der Telefonfritze), wird mir schwer ums Herz. Denn leider ist Mittelamerika von Deutschland aus auf dem Landweg denkbar schlecht zu erreichen. Und leider hat Lateinamerika mein Herz viel mehr berührt als Asien. Ja, es ist verdammt nochmal krass.

Ist es rational?

CO2 + CO2 + CO2 + Z x CO2 = – ([Leben auf dieser Erde]Z)

CO2 = Kohlenstoffdioxid. Z sei eine nicht näher definierte Variable, die sich aus den akkumulierten Handlungen aller biologischen Organismen zusammensetzt und stetig wächst. Je höher Z desto größer die Negation des Lebens auf dieser Erde.

Je weniger du und ich zu Z beitragen, desto mehr Hoffnung für diese Erde. Und irgendwo müssen wir anfangen.

Ist es lebensbejahend?

🙂 Genau so ist es gemeint.

Bäume, Wale, Schildkröten und Wasserfälle – das sind meine Motivatoren. Die Wesen und Wunder, dessen Leiden oder Versiegen mich aus irgendeinem Grund am meisten berühren. Ich sage „Ja“ zu ihrem Leben, zu ihrem Dasein. Und sehe manche von ihnen dafür vielleicht nie wieder.

Das Glück dieser Erde. Und meins?

Die Entscheidung nicht mehr zu fliegen, war eine der härtesten, die ich in den letzten Jahren getroffen habe. Weil es die erste Entscheidung war, die für das Glück dieser Erde, für andere Lebewesen und Menschen ein Gewinn war – doch für mich den Anschein eines großen Verlustes hatte.

Ein paar Wochen später tauchte plötzlich eine Vision auf: Mit dem Fahrrad nach Indien. Und mit dieser Möglichkeit fühlt sich die Entscheidung weniger einengend an.

Auch, wenn ich vielleicht nie mehr in den unbezahlbaren Genuss einer Lateinamerika-Reise kommen könnte: Es macht mich glücklich, das, was mir wichtig ist, authentischer zu leben. Es macht mich glücklich, mehr nach meinen Überzeugungen zu handeln. Auch macht es mich glücklich, in Deutschland und den umliegenden Ländern so viel Schönheit zu entdecken. Und es macht mich glücklich, langsam zu reisen, vom Ruhrgebiet über London nach Wales mit dem Bus. Und vielleicht hat mein Glück sogar an Tiefe gewonnen. Licht am Ende des Tunnels

Außerdem gibt es Hoffnung. Elon Musk plant (neben seinem verdammt schicken Elektroauto, das noch in diesem Jahr den Markt erobern wird) gerade die „Hyper-Loop“, einen High-Speed-Tunnel, der in den USA Inlandsflüge überflüssig machen soll. Vielleicht baut er ihn ja auch über den Atlantik? Zudem umrundet das erste Solarflugzeug soeben die Welt. Noch passen nur zwei Personen hinein. Aber Elon Musk leitet ja auch die erfolgreichste Solarfirma der USA…

Und was wäre wenn…?

Und ja, es gibt sie: Die Ausnahme von der Regel, nicht mehr zu fliegen. Der Mensch, mit dem ich dieses Leben teilen darf, hat Wurzeln in Peru. Und was mache ich, wenn wir mal Kinder haben? Dann wird es vielleicht auch mich noch einmal nach Peru verschlagen. Hoffentlich mit Photovoltaik…

Und jetzt?

Für alle von euch, dich gerade selbst ins nachdenken kommen: Zum einen sind Kurz- und Gabelflüge am schädlichsten, da bei Start & Landung die meisten Emissionen entstehen. D.h. wenn du fliegen möchtest, dann am besten per Direktflug.

Es gibt zudem eine Plattform, mit der man seine Flüge CO2-mäßig ausgleichen kann. Atmosfair investiert diese Gelder dann in nachhaltige Projekte. Danke Bastian, für diesen Tipp! 🙂

 

Geschockt? Zweifelnd? Inspiriert?

Schreib mir! 🙂

 

Alles Liebe,

Unterschrift-Nathalie-happyroots

Nathalie

6 Comments on “Warum ich (fast) nicht mehr fliege – radikal, rational oder lebensbejahend?”

  1. Wow!
    Was für eine Entscheidung! Respekt!

    Es ist nicht so, dass ich ständig um die Welt jette. Das letzte Mal bin ich vor 12 Jahren geflogen. Aber Costa Rica will ich auch mal kennen lernen und noch vieles mehr … (wenn meine Kinder aus dem Haus sind).

    Ich bin gespannt, ob du das tatsächlich ein Leben lang durchziehst (bis auf die Ausnahmen)!

    Viele liebe Grüße!
    Jenny

  2. Radikal ist diese Entscheidung allemal und jeder Mensch hat das Recht, diese Entscheidung so zu treffen oder eben nicht. Sicher ist es korrekt, dass jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung zählt – aber ich persönlich habe da eine etwas abweichende Meinung, wenngleich ich im Grundgedanken mitgehen kann.

    Wenn ich solche Argumentationen höre oder lese, frage ich mich immer zuerst, wieviel CO2 wohl ein (deutscher, übergewichtiger) Mensch ausstoßen würde, wenn er mit dem Fahrrad nach Indien und zurück fahren wollte. 😉 — Wahrscheinlich weniger, aber es ist dennoch eine unvorstellbar große Menge.
    Was für mich jedoch ausschlaggebend ist, ist der Fakt, dass es neben private Flugreisen auf der einen Seite auch geschäftliche und Frachtflüge auf der anderen Seite gibt, welche zusammen etwa eben so viele ausmachen dürften. In der CO2-Bilanz muss man außerdem betrachten, dass es neben Flügen besonders im Frachtverkehr auch jede Menge Umweltbelastung durch Fabriken, Schiffe und Lkw gibt. Dazu kommt noch der Pkw-Verkehr, der zu einem gewissen Teil von Berufspendlern bestimmt wird. Besonders im Transportwesen fallen Absurditäten auf, wie z.B. die Produktion dezentral herstellbarer Artikel aus Kosten- und Lizenzgründen im Ausland, der Transport von Bäumen aus dem Süden des Landes in den Norden und gleichzeitig umgekehrt, usw. usf.

    Worauf ich hinaus will: Unser ausschließlich geldfixiertes Wirtschaftssystem, unsere Überproduktion sowie unsere absurde Strategie, jede Menge oft unnötige Arbeit um der Vollbeschäftigung Willen zu generieren, sind am Ende mit Abstand der CO2-Treiber Nummer 1 und wenn wir alle wirklich etwas für die Umwelt tun wollen, müssten wir damit anfangen, hier entscheidende Änderungen durchzusetzen. Ja, letztlich sind doch selbst die meisten Privatflüge das Resultat von Marketing sowie dem Anreiz geschuldet, sich nach erschöpfender Arbeit _mal_ etwas Gutes zu gönnen. Das ist auch, glaube ich, der Hauptgrund, warum wir einen Flug in den Urlaub als Glück wahrnehmen.

    Fazit: Uns allen wird technischer Fortschritt und Arbeitseffizienz als Gewinn „verkauft“, aber die sogenannte Vollbeschäftigung sorgt dafür, dass der Gewinn darin besteht, Konzernen den Geldgewinn zu bescheren, während die Ressourcen der Erde und sogar der Erwerbstätigen selbst immer mehr beansprucht werden. Ich halte es für den tendenziell falschen Ansatz, dass jener Erwerbstätige (CO2) sparen sollte (bzw. auf Dauer in sinnvoller Menge könnte). Stattdessen wäre es besser, durch politischen Druck Produktionen herunterzufahren und den technischen Fortschritt der Umwelt und den Arbeitnehmern zukommen zu lassen.

    1. Lieber Patrick,
      danke für deinen ausführlichen Kommentar zu diesem spannenden und herausfordernden Thema!
      Wie ich deine Gedanken verstehe, sprichst du dich vor allem für einen politischen, systemischen Wandel aus, richtig?
      Das ist definitiv ein Teil vom Wandel. Und damit er tatsächlich geschieht braucht es Menschen, die schon jetzt – unter den jetzigen Voraussetzungen – mit Verantwortung handeln und eigene Entscheidungen für die Umwelt treffen.
      Ein recht lebendiges Beispiel ist gerade die Bewegung um die vegetarisch-vegane Ernährungsweise. Hat vor 5 Jahren noch kaum jemand den Begriff „vegan“ gekannt, weiß jetzt sogar die Freundin meiner Oma, was damit gemeint ist. Immer mehr Menschen essen immer weniger Fleisch und probieren ganz gezielt Alternativen aus. Und die Bewegung wächst. Hier greift die veränderte Nachfrage und das veränderte Konsumverhalten, das den Markt Stück für Stück verändert.

      Jeder Schritt fängt bei vielen einzelnen Menschen an, die sich dafür entscheiden, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und es umweltbewusster zu gestalten. Das ist die Grundlage für den Veränderungsprozess.

      Viele liebe Grüße,
      Nathalie

  3. Hach, du sprichst mir so sehr aus dem Herzen! Ich habe jetzt auch einige Zeit ohne fliegen ausgehalten. Ende des Jahres will ich nun ein mir wichtiges Projekt in Thailand besuchen und zerbreche mir den Kopf, wie ich da wohl am besten hinkomme.. Ich seh grad nicht, wann du den Artikel geschrieben hast. Bist du schon nach Indien aufgebrochen? Oder wann hast du es vor?

    1. Liebe Britta,

      schön von dir zu lesen 🙂 Nach Indien aufgebrochen bin ich noch nicht und das wird sich auch noch einige Zeit (2 Jahre?) hinziehen denk ich. Diese Option hat mich einfach sehr befreit.
      Was ich nach Südamerika gefunden habe sind Fahrten auf Transportschiffen (1% vom CO2-Ausstoß im Ggs. zu Fliegen) oder Segeln (neutral). Nach Thailand könnte es evt auch möglich sein, wenn man nicht um den gesamten afrikanischen Kontinent drumherum muss?
      Ansonsten sind Zug und Busfahrten auch ein Weg. Je nach dem, wie lange du drumherum Puffer hast, könntest du das mit Stops in verschiedenen coolen Orten verbinden. Ich kann mir vorstellen, dass die Zeit dann auch halbwegs überschaubar ist, evt 3 Wochen pro Strecke. Habe da aber keine genauen Infos.
      Was eine Zug/Radstrecke nach Asien angeht, kann dir Mario (siehe weitere Links) vllt helfen. Er hat das über Moskau und Peking gemacht (Zug) und ist dann bis nach Nepal gekommen und von da aus durch ganz Asien geradelt. Prinzipiell glaub ich, dass eine Fahrt über Russland wesentlich sicherer ist momentan, als durch den arabischen Raum.

      😀 Ich hoffe das greift ein bisschen deine Frage auf und gibt dir Anregungen!
      Würde mich riesig freuen von deiner tatsächlichen Reise zu erfahren oder auch zu Optionen zu lesen, die du fürs Landreisen entdeckt hast!
      Einen ganz herzlichen und lieben Gruß,
      Nathalie

  4. Pingback: Hast du den Mut mit Leichtigkeit glücklich zu werden?

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